Die Verfahrensarten auf einen Blick
- Im „klassischen“ Baugenehmigungsverfahren prüft die Behörde alle baurechtlichen Belange.
- Im Vereinfachten Baugenehmigungsverfahren wird das Bauordnungsrecht mit Ausnahme der Abstandsflächenvorschriften nicht geprüft, muss aber trotzdem vollständig erfüllt werden.
- Bei der Genehmigungsfreistellung oder dem so genannten Kenntnisgabeverfahren legen Sie der Behörde Planunterlagen vor und dürfen nach Ablauf einer Wartezeit mit der Realisierung Ihres Vorhabens beginnen.
Das baurechtliche Verfahren – Was ist das?
Im Grundsatz gilt: Immer dann, wenn Ein Gebäude errichtet, erweitert oder verändert wird, brauchen Sie dafür eine Baugenehmigung. Diese Genehmigung erhalten Sie, indem Sie mit Ihrem Vorhaben ein baurechtliches Verfahren durchlaufen, das so genannte Baugenehmigungsverfahren.
In diesem Verfahren prüft die zuständige Behörde, ob Ihr Vorhaben allen baurechtlichen und baunebenrechtlichen Bestimmungen entspricht. Außerdem erhalten die Gemeinde und die Angrenzer die Möglichkeit, eventuelle Einwendungen gegen Ihr Vorhaben vorzubringen. Am Ende erhalten Sie Ihre Genehmigung und Ihr Gebäude genießt – sofern alles entsprechend der Genehmigung umgesetzt wird – zukünftig Bestandsschutz.
Die genaue Definition des Verfahrensablaufs ist Ländersache und wird in den einzelnen Landes- oder Länderbauordnungen definiert. Abgesehen von einzelnen Besonderheiten stimmen die Verfahren in ihren Grundzügen aber in allen Bundesländern überein.
Warum gibt es unterschiedliche Verfahrensarten?
Heute gibt es nicht mehr das eine Baugenehmigungsverfahren. Im Laufe der letzten zwei Jahrzehnte haben sich mehrere unterschiedliche Verfahrensarten herausgebildet, die sich alle vom „normalen“ Baugenehmigungsverfahren ableiten.
Der Grund für diese Differenzierung liegt vor allem in dem Wunsch, das Verfahren stärker an die sehr unterschiedlichen Vorhaben anzupassen. Grundsätzlich sieht die Genehmigungspflicht dasselbe Verfahren für jede Baumaßnahme, von der einfachen Nutzungsänderung ohne eigentliches „Bauen“ bis hin zum hochkomplexen Industrieneubau vor. Gerade die einfachen Vorhaben wurden hier in der Vergangenheit verfahrenstechnisch überfrachtet und die Dauer bis zur Genehmigung damit unverhältnismäßig in die Länge gezogen.
Die mittlerweile eingeführten Verfahrensunterscheidungen sollen für unterschiedlich schwierige Maßnahmen unterschiedlich aufwändige Verfahren anbieten, so dass jeder Antrag mit einem angemessenen Aufwand schnellstmöglich zur Genehmigung gelangt.
Die Verfahren – Die Prüfung in abgestuftem Umfang
Der Ablauf der einzelnen baurechtlichen Verfahren ist grundsätzlich immer derselbe:
- Prüfung der vorgelegten Unterlagen auf Vollständigkeit – Frist i.d.R. 10 Arbeitstage
- Beteiligung der Gemeinden, der Angrenzer und der thematisch berührten Fachbehörden und Fachstellen – Frist i.d.R. 4 Wochen
- Inhaltliche Prüfung und Bearbeitung – Frist je nach Verfahrensart
- Erteilung der Genehmigung
Das zentrale Unterscheidungsmerkmal zwischen den einzelnen Verfahrensarten ist nun der Umfang dessen, was die zuständige Bauaufsichtsbehörde prüft. Damit verbunden sind unterschiedliche Fristen, innerhalb derer die Behörde die Prüfung abschließen und die Genehmigung erteilen muss.
Achtung: Die gesetzlichen Fristen sind als Idealfristen zu verstehen. Immer dann, wenn die Behörde bestimmte Unterlagen von Ihnen nachfordert, steht die Frist und die Bearbeitungszeit verlängert sich entsprechend. Außerdem besteht in den meisten Landesbauordnungen die Möglichkeit, Fristen begründet zumindest einmalig zu verlängern.
A: Das „klassische“ Baugenehmigungsverfahren
Im „klassischen“ Baugenehmigungsverfahren prüft die Behörde den gesamten baurechtlichen Umfang mit allen Vorschriften, die es überhaupt zu prüfen gibt.
Dafür hat die Behörde in der Regel 2 Monate Zeit, so dass insgesamt mit der Beteiligung der Gemeinden, Angrenzer und Fachstellen die allgemein bekannte Frist von 3 Monaten ab Vorlage vollständiger Unterlagen zu Stande kommt.
B: Das vereinfachte Baugenehmigungsverfahren
Im Vereinfachten Baugenehmigungsverfahren beschränkt sich der Prüfumfang der Behörden auf das Bauplanungsrecht, also grundsätzlich auf das, was ein Bebauungsplan zu Art und Maß der baulichen Nutzung und den überbaubaren Grundstücksflächen regelt.
Darüber hinaus beschränkt sich der Prüfumgang im bauordnungsrechtlichen Bereich weitgehend auf die Abstandsflächenvorschriften, da diese im Hinblick auf die Abwehransprüche der Angrenzer ganz oben auf der Liste stehen.
Alle anderen ordnungsrechtlichen Belange, also die Aufenthaltseignung der Räume, Stellplätze, Barrierefreiheit und insbesondere der Brandschutz, werden dagegen nicht geprüft.
Lediglich etwaige Befreiungen, Abweichungen oder Ausnahmen von diesen Regeln werden dann mit geprüft und auch genehmigt, wenn sie im Rahmen des Verfahrens mit beantragt werden.
Wegen dem geringeren Prüfumfang bleibt der Behörde im Vereinfachten Verfahren eine kürzere Frist von meist 1 Monat zur inhaltlichen Bearbeitung, so dass ab Vorlage vollständiger Unterlagen eine Gesamtfrist von 2 Monaten verbleibt.
C: Die Genehmigungsfreistellung oder das Kenntnisgabeverfahren
Viele Landes- und Länderbauordnungen kennen die so genannte Genehmigungsfreistellung.
Sie greift dann, wenn für das Gebiet eines Bauvorhabens ein rechtsverbindlicher Bebauungsplan als klare Vorgabe existiert und das Vorhaben sowohl den Bebauungsplan als auch alle sonstigen rechtlichen Vorgaben vollumfänglich einhält. Zudem ist die Freistellung auf bestimmte „einfachere“ Vorhaben begrenzt, so dass meist Sonderbauten komplett von dieser Möglichkeit ausgenommen sind.
Auch bei der Genehmigungsfreistellung müssen alle Planunterlagen bei der Behörde vorgelegt und auf Vollständigkeit geprüft werden.
Zusätzlich wird in vielen Bundesländern eine Beteiligung der Angrenzer vorgesehen. Dafür muss Ihr von der Genehmigung freigestelltes Vorhaben eine Wartezeit durchlaufen, die je nach Bundesland 2 oder 4 Wochen beträgt. Ist diese Zeitspanne verstrichen, dürfen Sie ohne weiteres Verwaltungshandeln mit der Umsetzung Ihres Vorhabens beginnen.
Speziell in Baden-Württemberg ist die Genehmigungsfreistellung auch als sogenanntes Kenntnisgabeverfahren bekannt. Die Bezeichnung trägt dem Umstand Rechnung, dass Sie durch die Planvorlage der Behörde Kenntnis von Ihrem Vorhaben geben. Der sonstige Ablauf und die Voraussetzungen für die Anwendung sind aber mit den sonstigen Freistellungen identisch.
D: Verfahrensfreie Vorhaben
Zuletzt definiert jede Bauordnung auch einen ganzen Katalog kleinerer Bau- und Veränderungsmaßnahmen, die wegen ihres untergeordneten Umfangs von der Genehmigungspflicht ausgenommen sind.
Außer Nebenanlagen, wie Stützwänden, Carports, Garagen, Geräteschuppen etc. sind hier in einzelnen Bundesländern sogar Aus- und Umbaumaßnahmen zur Wohnraumschaffung einbezogen, so dass beispielsweise der Dachgeschossausbau in Ihrem Wohnhaus je nach Standort ebenfalls verfahrensfrei möglich sein kann.
Verfahrensfrei bedeutet im Gegensatz zur Genehmigungsfreistellung, dass Sie tatsächlich keinerlei Verpflichtungen gegenüber der Behörde haben. Sie dürfen ohne die Vorlage von Plänen jederzeit mit der Umsetzung beginnen.
Wichtig: Unabhängig von der Verfahrenspflicht und dem Prüfumfang der Behörde muss Ihr Vorhaben immer allen rechtlichen Vorgaben entsprechen! Eine fehlende Prüfpflicht seitens der Behörde befreit nicht von der Verpflichtung, diese Vorgaben umzusetzen. Wollen Sie von rechtlichen Vorgaben abweichen, müssen Sie das immer – auch bei verfahrensfreien Vorhaben – beantragen und genehmigen lassen.
Werden Nachbarn über den Bauantrag benachrichtigt?
Wird ein baurechtliches Verfahren durchgeführt, werden auch die Nachbarn des Baugrundstücks im Rahmen der Antragsprüfung miteinbezogen. Je nach Bundesland werden entweder alle Nachbarn beteiligt, oder es erhalten nur diejenigen Angrenzer die Gelegenheit zur Stellungnahme, deren Rechte durch das Bauvorhaben beeinträchtigt sein können.
Das kann beispielsweise der Fall sein, wenn das Bauvorhaben einem bestimmten Nachbarn gegenüber die gesetzlich vorgeschriebenen Abstände unterschreiten möchte.
Was bedeutet Genehmigungsfiktion?
Einzelne Bauordnungen kennen bereits die so genannte Genehmigungsfiktion. Sie soll den Antragstellenden zu mehr zeitlicher Planungssicherheit verhelfen und die Genehmigungsdauer begrenzen.
Konkret bedeutet das, dass eine nach Ablauf einer Frist nicht ausgesprochene Genehmigung unter bestimmten Voraussetzungen trotzdem als erteilt gilt.
Die Fristen hierfür liegen meist analog zum normalen Baugenehmigungsverfahren bei drei Monaten. Auch hier bedeutet die Fiktion nicht, dass Ihr Vorhaben sich nicht trotzdem an alle rechtlichen Vorgaben halten muss!
Vollständiger Bauantrag auch bei geringerem Prüfumfang
Der Aufwand für die Erstellung der einzureichenden Bauantragsunterlagen z.B. beim vereinfachten Verfahren, unterscheiden sich nicht von dem für das klassische Bauantragsverfahren. Dadurch sind die auch die Kosten im vereinfachten Verfahren, sowie dem Kenntnisgabeverfahren sowie unter Genehmigungsfreistellung vergleichbar.
Das heißt auch wenn die Behörde Ihr Vorhaben einer reduzierten Prüfung unterzieht, muss Ihr Architekt vorher eine rechtskonforme Planung erstellen, mögliche Abweichungen von Rechtsvorschriften selbstständig erkennen und die dafür erforderlichen Beantragungen eigenständig mit Ihnen gemeinsam in die Wege leiten.
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